Das diesjährige Treffen der Disease Surveillance Group der FEEVA fand im Oktober 2022 erstmals über zwei Tage in der kroatischen Hauptstadt Zagreb statt. Gepaart mit dem guten Besuch der Veranstaltung unterstrich dies den Stellenwert, welchen man in Europa den Infektionskrankheiten beim Pferd beimisst. Neben der Beschäftigung mit den endemisch vorkommenden Infektionen, gab es auch einen Blick auf die durch den Klimawandel ermöglichten neue Bedrohungen.

FEEVA Disease Surveillance Network VIth am 11. Und 12. Oktober 2022 in Zagreb

Am 11. und 12. Oktober 2022 fand die diesjährige Jahrestagung des FEEVA Disease Surveillance Network in der kroatischen Hauptstadt Zagreb statt. Nach Caen in der Normandie trafen sich Teilnehmer von 15 Mitgliedverbänden sowie der WOAH (OIE), der FAO, von der Europäischen Kommission sowie dem Internationalen Reitsportverband FEI an der der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität. Mit Teilnehmern aus Slowenien sowie Israel wurden auch Zeichen auf Vergrößerung des Netzwerkes der FEEVA gesetzt.
Der gute Besuch der Veranstaltung zeigt einmal mehr die große Bedeutung, welche den Infektionskrankheiten beim Pferd auch im Europäischen Raum beigemessen wird. Dies spiegelt sich auch darin wieder, dass die Veranstaltung in diesem Jahr zwei Arbeitstage ausfüllte.
Die Ereignisse bei der CES Equestrian Spring Tour in Valencia im vergangenen Februar hat doch allen deutlich gezeigt, wie schnell sich auch bekannte, endemisch vorkommende Infektionskrankheit sich durch eine Veranstaltung weit über Europa verteilen konnte. Auch in diesem Jahr spielte noch einmal die Auswertung der Vorfälle bei dieser Turnierserie und die daraus resultierenden Änderungen auf dem Gebiet der Biosecurity bei solchen großen Pferdesport-Veranstaltungen eine wichtige Rolle. Dr. Richard Newton von der University of Cambridge erläuterte Maßnahmen, mit denen man solche Events aus infektionsmedizinischen Blickwinkel sicherer gestalten kann. Von diesen sind viele auch schon zeitnah nach den Ereignissen in das Regelwerk der FEI aufgenommen worden. Dabei war die Erstellung der FEI Horse App zur Erfassung aller auf einem Turnier befindlichen Pferde, der vom Reiter oder Pfleger vor der Anreise und während des Aufenthaltes zu erfassenden Körpertemperatur, einer Selbsterklärung zum Fehlen von Krankheitssymptomen im Heimatstall und dem Ergebnis der Eingangsuntersuchung durch die für die Veranstaltung zuständigen Tierärzte nur ein erster Schritt auf diesem Wege. Nach Caterina Termine vom Veterinary Department des Reitsportverbandes war es vor allem erst einmal notwendig, die rechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, um diese Maßnahmen durchzusetzen und Verstöße auch ahnden zu können. Die medizinisch notwendige Verbringung von allen mit einem Pferd mit Fieber oder anderweitigem Verdacht auf eine EHV-Infektion auf dem gleichem Transportfahrzeug angereisten Pferde in einen Isolationsstall bis zur Klärung der Ursache der Symptome musste sportrechtlich abgesichert sein.

Auch die weitere im täglichen Praxisalltag vorkommende Infektionskrankheiten waren Teil des Programm. Frau Professor Ann Cullinane vom Irish Equine Center berichtete über die neuesten Ergebnisse des WOAH Expert Surveillance Panel zur Equinen Influenza. Studien haben trotz intensiver Ausbrüche in Nordamerika, Südamerika, Europa (hier vor allem in Großbritannien) und Afrika im Jahr 2019 ergeben, dass die heute zur Anwendung kommenden Impfstoffe mit Stämmen aus Klade 1 und 2 nach wie vor einen guten Schutz bieten.
Aber auch die aus den deutschen Pferdebeständen nicht zu verdrängende Streptococcus equi subspecies equi-Infektion Druse bleibt ein europäisches Problem. Hier muss man nur Island herausnehmen, da dorthin seit langer Zeit keine Pferde exportiert wurden. Dr. Andrew Waller vom Animal Health Trust in Newmarket stellte die Bedeutung einer frühen Erkennung und Isolierung erkrankter Pferde durch eine mindestens tägliche Temperaturkontrolle in gefährdeten Beständen dar. Noch bevor die erkrankten Tiere massiv den Erreger ausscheiden und so eine große Gefahr für andere Pferde im Bestand darstellen, steigt die Körpertemperatur an, dies vielleicht zu Beginn auch ohne weitere auffällige klinische Symptome. Eine sofortige Isolierung dieser Pferde kann eine weitere Ausbreitung im Bestand einschränken.
Auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten konnte durch die konsequente Untersuchung aller Importtiere durch eine Luftsackspülprobe wieder verdrängt werden. Gleichzeitig macht Dr. Waller durch den neuen Druse-Impfstoff Strangvac®, welcher derzeit schon in Großbritannien, Schweden und Dänemark zugelassen ist, Hoffnung in der Auseinandersetzung mit dieser schon lange bedeutsamen Infektionskrankheit. Der Impfstoff enthält nur Proteinbestandteile des Erregers, welche jedoch eine gute Immunantwort erzeugen. Die geimpften Pferde sind dann später in einer Bakterienkultur und einem PCR-Test sowie bei der serologischen Untersuchung negativ und zeigen bei einer Infektion deutlich herabgesetzte Symptome. Der Impfstoff wird intramuskulär verabreicht, wobei leichte lokale Reaktionen in den ersten 5 Tagen möglich sind. Mittlerweile wird dieser Impfstoff auch in Deutschland durch die Firma Dechra vertrieben.
Dass auch die Contagiöse Equine Metritis nach wie vor ein Problem darstellt, zeigte die langjährige FEEVA-Präsidentin Dr. Mette Uldahl aus Dänemark an Hand eines massiven Auftretens dieses Erregers bei Islandpferden in unserem Nachbarland. Nur die konsequente bakteriologische Untersuchung von Hengsten und Stuten vor und bei den Vatertieren auch während der Decksaison mit den entsprechenden Tupferproben kann hier Abhilfe schaffen.

Wie in den Vorjahren waren auch Vertreter der europäischen Legislative und der Weltorganisation WOAH gefragt. Dr. Ewa Camara von der Europäischen Kommission setzte sich mit den Folge-Verordnungen zum Animal Health Law auseinander. Mit der Verordnung 2022/701 wurde sich speziell mit der Problematik der Equinen Infektiösen Anämie in Rumänien beschäftigt, da für dieses Land trotz bekannter Probleme die gleichen Transportvoraussetzungen ohne eine spezielle Untersuchung auf den Erreger gelten. Doch schon jetzt ist durch Bemühungen im Lande selbst zu verzeichnen, dass die Anzahl der Ausbrüche deutlich sinkt.
Ein weiterer Schwerpunkt war erneut das Animal Health Law (AHL, EU Regulation 2016/429, EU Delegated Regulation 2018/1629). Für die in Kategorie A eingeordneten bedeutsamen Erkrankungen, welche in Europa nicht vorkommen, wurden Regelungen zur Erstellung einer Antigen-, Impfstoff- und diagnostischen Reagenzien-Bank getroffen (EU Delegated Regulation 2022/139). Dies betrifft für das Pferd lediglich die African Horse Sickness (AHS) sowie den Rotz. Für AHS gibt es bisher nur einen Lebendimpfstoff, welcher jedoch wegen Problemen nicht lieferbar ist und somit auch keinen Weg in die Impfstoff-Bank finden kann. Bei Rotz fehlt heute noch die Möglichkeit einer Immunprophylaxe.

In diesem Zusammenhang war ein Bericht von Dr. Marina Rodriguez vom Central Veterinary Research Laboratory aus Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) sehr interessant. Hier wurde die Entwicklung eines inaktivierten Impfstoffes gegen die AHS vorangetrieben, diese führte zu erfolgversprechenden Ergebnissen. Eine Impfung mit dieser Vakzine mit nur einem Serotyp des Virus zeigt nach einen Grundimmunisierung bei halbjähriger Booster-Impfung einen sicheren Schutz. Bei der Verwendung aller neun Serotypen in einem Impfstoff wäre wahrscheinlich nur eine jährliche Boosterimpfung erforderlich.
Für die Zulassung einer solchen Vakzine wären weitere umfangreiche Untersuchungen und ein möglicher Hersteller erforderlich. Dieser kann nicht aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kommen, da diese Staatengruppe offiziell AHS-frei ist. Für die Zulassung eines solchen Impfstoffes wird ein Zeitraum von etwa 5 Jahre erwartet. Dies ist mit der Befürchtung verbunden, dass das Virus durch den Klimawandel schneller in Europa ist.

Einen weiteren Punkt, welcher Dr. Ewa Camara von der Europäischen Kommission angesprochen hatte, ergibt sich aus der EU Delegated Regulation 2021/963 zur Identifizierung und Registrierung von Equiden im Rahmen des AHL aus dem vergangenen Jahr. Das Pferd gilt aus Sicht der Europäischen Union so lange als Schlachttier, bis ein Tierarzt auf Grund eines absoluten Behandlungsnotstandes ein Medikament anwenden muss, was nicht für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen ist. Nur dann ist eine abweichende Umänderung zum Nicht-Schlachttier möglich, was durch den Tierarzt umgehend in den Pferdepass einzutragen ist und von dem Unternehmer (Pferdehalter) innerhalb von 7 Tagen in die Datenbank (HIT) eingetragen werden muss. Eine prophylaktische Entscheidung des Pferdebesitzers sein Pferd zu einem Nicht-Schlachtpferd zu erklären, ist somit seit dem Juni 2021 nicht mehr möglich.
Dr. Mauro Meske berichtete über die Arbeit der World Organisation for Animal Health (WOAH, ehemals OIE) auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten beim Pferd. Ein bedeutender Schwerpunkt ist der Rotz in Zusammenarbeit mit dem WOAH Collaboratory Center in der Asia-Pazifik-Region. Gleichzeitig hatte Dr. Meske die Aufgabe die Registrierung des Auftretens von Infektionskrankheiten in der WAHIS-Datenbank der WAOH darzulegen. Hier wurde von vielen Ländern darauf hingewiesen, dass die durch die staatlichen Stellen dorthin gemeldeten Daten nicht der Realität entsprechen. Für Deutschland betraf dies die nicht anzeigepflichtigen Infektionskrankheiten, wobei auch West-Virus-Funde bei Vögeln der Tierart Pferd zugeordnet wurden.

Einen interessanten Beitrag stellte Dr. Daniel Beltram von der Food and Agriculture Organization (FAO) der Vereinten Nationen vor. Hier wurde ein Programm zur Ermittlung der realen Kosten eines Seuchenausbruchs entwickelt, das sicher auch für die Pferde-Infektionsmedizin interessant sein könnte. Die Arbeitsgruppe entschied sich, bevor man dies bei solchen Infektionsausbrüchen wie zum Beispiel des EHV-1 Auftretens in Valencia nutzen wollte, bei welchem durch den internationalen professionellen Pferdesport noch viele weitere Kostenfaktoren hinzugerechnet werden müssen, eine Anwendung bei Infektionszügen in Afrika oder Asien durch die FEEVA unterstützt werden sollte. Hier wäre nach seiner Auffassung eine Analyse von 3 bis 4 Ausbrüchen zur Validierung dieses Programmes auch für das Pferd erforderlich.
Dr. Katja Hautala stellte einen Fall von einer massiven Ausbreitung von Fesseldermatitiden bei Trabern in Finnland vor. Hier waren mehrere Hundert Tiere innerhalb kurzer Zeit erkrankt und wegen der entzündlichen Hautveränderungen nicht mehr trainings- oder gar wettkampfähig. Bei einem hohen Prozentsatz der Tiere wurde ein Parapoxvirus als Ursache nachgewiesen, welches auch bei den betreuenden Personen zu finden war.
Das VII. FEEVA Disease Surveillance Network Meeting wird im Oktober 2023 in Prag stattfinden.

Michael Köhler, FEEVA Kontaktperson der GPM

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