RA Michael Panek hat sich mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle aus Februar bezüglich des Schadenersatzes, bzw. der Behandlungskosten eines 24-jährigen Wallachs auseinandergesetzt. Die aufgelaufenen Kosten haben den wirtschaftlichen Wert des Tieres um ein Vielfaches überschritten. Geklagt hatte die Hundebesitzerin, deren Tier den Wallach gejagt und woraufhin sich dieser schwer verletzt hatte. 

Von RA Michael Panek

Es gibt eine Regelung im BGB, die relativ neu ist, da sie erst vor rund 30 Jahren in das Gesetz eingefügt worden war. Es geht um § 251, der den Schadensersatz des Gläubigers regelt, den er gegenüber dem Ersatzpflichtigen/ Schuldner in Geld zu leisten hat. § 251 Abs. 2 Satz 2 lautet: „Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.“ Doch was bedeutet diese Regelung unter rein praktischen Gesichtspunkten? Die Antwort auf diese Frage gibt unter anderem ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Celle (Urteil vom 15. Februar 2023, Az: 20 U 36/20).

Worum ging es?

Gegenstand des Rechtsstreits vor dem OLG Celle war die Verletzung eines Pferdes, die ihm durch ein anderes Tier zugefügt worden war: Ein 24 Jahre alter Wallach, der einen wirtschaftlichen Wert von nur etwa 300 € verkörpert, wurde von einem Hund ins nächste Dorf gejagt, stürzte mehrfach und verletzte sich dabei schwer. Der Kläger, Eigentümer und Halter des Pferdes, ließ dieses für 14.000 € in einer Tierklinik operieren. Die Hundehalterin wehrte sich gegen eine solch immens hohe Forderung, weil sie der Ansicht war, dass die Kosten für die Operation in keinerlei Verhältnis zum tatsächlichen Wert des Pferdes stehen würden, wenn dieser im Rahmen einer tierärztlichen Behandlung um das 49-fache überschritten würde.

Die Entscheidung des OLG Celle

Mit Blick auf die genannte Regelung stellte das OLG Celle in seinem Urteil fest, dass Tierbehandlungskosten auch dann zu ersetzen sind, wenn diese den Wert des Tieres um ein Vielfaches übersteigen. Es bestätigte damit die Vorinstanz, ein Urteil des Landgerichts Verden, das die Halterin des betreffenden Hundes dazu verurteilte, die Behandlungskosten für das Pferd zu tragen. Das OLG Celle hielt es für nicht entscheidend, dass der Schaden auch auf den eigenen Fluchtinstinkt des Pferdes zurückzuführen war. Es ging nicht lediglich um ein kurzes Erschrecken, wie es – zum Beispiel durch lautes Hundegebell – immer wieder. einmal vorkommt, sondern maßgebend sei gewesen, dass der Hund das Pferd über die Koppel und über den Weidezaun sowie über die Straße bis in die nächste Ortschaft „auf das Äußerste“ getrieben hatte. Diese vom Hund ausgehende Gefahr habe den Verursachungsbeitrag des Pferdes deutlich überstiegen. Der im Verhältnis zum Wert des Pferdes verhältnismäßig hohe Schaden steht nach Ansicht des Gerichts einer Ersatzpflicht der Hundehalterin nicht entgegen. Die Behandlungskosten machten zwar das 49-fache des Wertes des Pferdes aus, doch sei eine ausschließlich wirtschaftliche Betrachtungsweise „aufgrund der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen“ nicht angebracht. Zu berücksichtigen seien nämlich auch die Erfolgsaussichten der Behandlung, das Alter des Tieres sowie die Beziehung des Halters zu seinem Tier. Es handelte sich um das erste Pferd, das der Kläger erworben hatte, und schon nach dem Kauf kurz nach der Geburt hatte er eine besonders enge Bindung zu dem Tier entwickelt.

Wichtig zu beachten:

Es sind insbesondere die Haftpflichtversicherungen der Halter von Tieren, die einem anderen einen Schaden zufügen und sich gegen die Verpflichtung, Schadensersatz zu leisten, wehren. Haftpflichtversicherer hatten sich in der Vergangenheit oftmals geweigert, Schadensersatzansprüche in Form der vollen tierärztlichen Behandlungskosten zu übernehmen, wenn diese deutlich den Wert des Tieres überstiegen hatten. Ist es erfreulich, dass es nun schon seit mehreren Jahren die oben zitierte Regelung im BGB gibt, so steht leider fest, dass es letzten Endes doch den jeweiligen Gerichten überlassen bleibt, festzulegen, bis zu welcher Höhe Schadensersatzansprüche zu leisten und ab welcher Höhe diese nicht mehr anerkennungsfähig sind.

Ein vielleicht wichtiger Tipp zum Abschluss:

Es kommt gar nicht so selten vor, dass die Halter und Halterinnen durch Fremdeinwirkung verletzter Tiere ihre Ansprüche, die ihnen gegenüber den schadensersatzpflichtigen Halter zustehen, an den Tierarzt/die Tierärztin abtreten möchten. Wenn Sie sich eine solche Abtretung – gegebenenfalls aus Sympathie und Mitgefühl gegenüber Ihrem Kunden oder Ihrer Kundin – „gefallen“ lassen, so bedeutet dies, dass der Schadensersatzpflichtige – vor allem aber dessen Haftpflichtversicherung – alle Einwände Ihnen gegenüber erheben kann. Und dazu würde nicht nur gehören, dass die Behandlungskosten in einem groben Missverhältnis zum Wert des Tieres stehen; denkbar wäre auch, dass von Ihnen erbrachte Leistungen infrage gestellt werden, da diese nach Ansicht des Versicherers überhaupt nicht hätten erbracht werden müssen. Von einer Abtretung sollte deshalb mit Nachdruck abgeraten werden!   

 

                    

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