In Anschluss an die International Equine Infectious Disease Conference Anfang Oktober 2024 im auch durch den Pferdesport geprägten französischen Badeort Deauville in der Normandie kam die FEEVA Disease Surveillance Working Group zu ihrem achten Meeting zusammen. Neben den Vertretern aus 14 der FEEVA Mitgliedsverbände waren auch in diesem Jahr wieder die World Organisation for Animal Health (WOAH – früher OIE) und der internationale Pferdesportverband FEI sowie ein Vertreter aus Israel anwesend.
Schon die Berichte aus den einzelnen Ländern zeigten wieder, welch große Bedeutung Infektionskrankheiten in den Populationen der einzelnen europäischen Länder einnehmen. Krankheiten wie die Druse und Infektionen mit dem Equinen Herpes und Influenza-Virus, Corona- sowie Rotavirus treten nahezu über den ganzen Kontinent verteilt regelmäßig auf. In der Prophylaxe müssen Maßnahmen der Biosicherheit neben möglichen Impfungen eine entscheidende Rolle zugewiesen werden. So führten lange Regenperioden im Frühjahr in Irland dazu, dass die Fohlen deutlich mehr Zeit im Stall verbracht haben, wo der Hygienestandard schlechter als auf der Weide war. Die Folge war ein deutlicher Anstieg der Inzidenz von Rotavirus-Infektionen.
Auch mit dem Nachweis neuer Varianten des Equine Influenza Virus in Nigeria und Algerien schätzte Professor Ann Cullinane vom WOAH Referenzlabor am Irish Equine Center den Schutz durch die uns zur Verfügung stehenden Impfstoffe gegen die in Europa etablierte Clade I-Variante als gut ein.
Die Gefahr durch das Equine Herpes Virus I wurde durch die Teilnehmer des Meetings auch mit dem neuen taxonomischen Namen als Varicellovirus equidalpha1 nicht geringer eingeschätzt. Mit Bedauern und Unverständnis wurde die Abschaffung der Impfpflicht für im Turniersport startenden Pferde in Deutschland zur Kenntnis genommen.
Ein besonderer Schwerpunkt der Tagung waren die teils noch exotischen vektorübertragenen Virusinfektionen. Franziska Wohlfender vom schweizerischen Registrierungssystem für nicht-meldepflichtige Krankheiten EQUINELLA berichtete über die Tick-Born Enzephalitis (TBE), welche eher aus der Humanmedizin als Frühsommer Meningoenzephalitis FSME bekannt ist. Die Erkrankungsfälle sind im Ansteigen und verbreiten sich auch weiter in den Norden. Der Grund für diesen Anstieg liegt vermutlich in der Klimaerwärmung und der länger andauernden Zeckensaison bzw. der sich ausbreitenden infizierten Zeckenpopulation. Die Seroprävalenz liegt zwischen 3 und 37.5% je nach Geographie, Management und Alter der Pferde. Eine TBE Erkrankung kann bei allen Säugetieren und auch beim Menschen subklinsich verlaufen, zu grippeähnlichen Symptomen oder zu neurologsichen Erkrankung führen. Eine Diagnose am lebenden Patienten ist schwierig, da IgG Antikörper lebenslang bestehen bleiben und ein Antikörpernachweis daher nicht ausreichend ist. Das Virus selbst ist jedoch nur in seiner sehr kurzen Phase im Blut oder Liquor nachzuweisen. Eine TBE kann auch bei Pferden zu neurologischen Symptomen führen. Die klinischen Symptome ähneln denen anderer Infektionen des Nervensystems wie zum Beispiel der Anaplasmose, West Nil Virus oder EHV-1 Infektion. Typische Symptome sind Fieber, Ataxie, Kopfnervenausfälle, Hyperästhesie, Muskelzittern.
Die Behandlung kann nur symptomatisch mit entzündungshemmenden Wirkstoffen und Vitamin E erfolgen. Es gibt keinen Impfstoff für das Pferd. Die Universität Zürich hat einen humanmedizinischen FSME-Impfstoff bei gesunden Pferden getestet und eine positive Antikörperreaktion erzielen können.
Von zunehmender Bedeutung ist, wie der Spätsommer diesen Jahres gezeigt hat, die Verbreitung des West Nile Virus. Dabei sind beide Hauptrouten des Vogelfluges betroffen: vom westlichen Afrika über Spanien und Portugal nach Frankreich oder auch der für Deutschland eher zutreffende Weg über den Balkan, Ungarn und Österreich nun nicht mehr nur in die östlichen Bundesländer. Die Verbreitung schreitet mit der Klimaerwärmung durch die Ausbreitung der übertragenden Insekten immer weiter nach Norden voran. Dabei hat Deutschland mit bisher 122 von 337 durch das European Centre for Disease Prevention and Control zusammengestellten Fällen den größten Anteil.
Noch sind die skandinavischen Länder frei von diesem Virus, doch die Befürchtungen besonders von Dänemark, bei dem der Erreger von Süden schon kurz vor der Grenze angekommen ist, aber in welchem kein Impfstoff für Pferde zugelassen . Aus Israel, Spanien und Ungarn wird von einer Zunahme der Infektionen beim Menschen berichtet.
Die rasche Verbreitung des Serotyps 3 der Blauzungenkrankheit führt uns vor Augen, wie schnell sich auch einst exotische Tierseuchen in unseren Regionen ausbreiten können. Professor James Gilkerson von der Universität Melbourne berichtete in diesem Zusammenhang über die Erfahrungen mit dem Hendra-Virus beim Pferd in Australien.